Wie fühlt es sich an, Debütautorin zu sein?

Autorinnenportaits von Christina König und Katharina Feist-Merhaut; Text in der Mitte des Bilds © Erika Mayer / Judith Stehlik

Ein Buch zu veröffentlichen – für unsere zwei Autorinnen Christina König und Katharina Feist-Merhaut wird dies bald Wirklichkeit. Wie fühlt sich diese Erfahrung für sie an? Was läuft vielleicht anders als gedacht? Welche Wünsche und Hoffnungen hegen sie? Und welche Zweifel quälen sie vielleicht?

Christina König über ihr Debüt Alles, was du wolltest

„Für viele von uns Schreiberlinge ist das veröffentlichte Buch das höchste und tiefste aller Gefühle. Alle diejenigen, die es schon geschafft haben, betrachten wir mit glühender Sehnsucht, diese Glückskinder und Genies, die ihr Talent von professioneller Seite bestätigt bekommen. Selbst steht man vor geschlossener Tür: eine Absage, eine nicht beantwortete Einsendung nach der anderen. Es ist, als bräuchte man den Passierschein A38 für diese lockende Literaturwelt.

Und plötzlich dann die Zusage. Ganz ohne Vitamin B, Agent*in, Empfehlung. Und sogar von Otto Müller. Auf einmal steckt man mittendrin und bucht seine Reise zur Leipziger Buchmesse, filmt Lesevideos für Social Media, dreht mit der Lektorin bei der Fahnenkorrektur noch mal ein paar Wörter um. Auf einmal geht alles schnell. Ein Genie ist man deshalb trotzdem nicht, auch wenn man sich mal kurz so fühlt. Stattdessen ist man ein Mensch mit sehr wenig Zeit, weil man das Autor*innen-Leben unter den Brotjob-Hut kriegen muss. Wert ist es das Ganze allemal – das werde ich auch nach den ersten negativen oder ausbleibenden Rezensionen so sehen.

Neben dem Veröffentlichungsprozess schreibe ich am nächsten Roman. Früher dachte ich, sobald ich drin bin im Literaturbetrieb, ist die Hürde geschafft. Das sehe ich jetzt anders. Was, wenn dieser neue Roman nicht gut wird? Wenn Alles, was du wolltest ein One-Hit-Wonder bleibt? So schwitze ich meine Sorgen in die Tastatur, während ich Metaphern lösche, weil ich mir vorstellen kann, was meine Lektorin zu ihnen sagen würde. Letzten Endes hilft alles nichts. Weitergeschrieben wird sowieso. Die Hoffnung lebt, dass mein Passierschein weiterhin gültig bleibt.“

Katharina Feist-Merhaut über ihr Debüt sterben üben

„Ich liege auf der Couch, das Baby ist gerade eingeschlafen. Ich habe mir fest vorgenommen auch zu schlafen. Es klingelt an der Tür. Ich schrecke hoch, hoffentlich wacht das Baby nicht auf. C eilt zur Tür. Ich lausche, im Schlafzimmer bleibt es still. Ich höre C mit dem Postboten flüstern, lasse mich zurück auf die Couch sinken und schließe die Augen. Ich glaube, dafür willst du nochmal aufstehen. Ein großes Paket in der Hand, steht C neben mir und grinst. Ich brauche einige Sekunden. Dann springe ich hoch, nehme das Paket entgegen, spüre das Gewicht. Eile in die Küche, hole eine Schere, öffne den dicken Karton und sehe Verpackungsfolie. Darunter scheinen die leuchtenden Farben durch. Ich ziehe die Folie beiseite, hebe das Buch hoch, drücke es an mich. Ich rufe Freund*innen an, halte mein Buch in die Kamera.

Am Tag darauf beginne ich diesen Text zu schreiben. Ich tippe Notizen ins Handy, die Art zu schreiben, die mit Baby am besten funktioniert. Privileg ist das erste Wort, das ich tippe. Ich durfte an zwei Schreibschulen studieren, wurde in der Zeit von meinem Umfeld und durch Stipendien unterstützt. In einem meiner letzten Masterseminare habe ich Senta Wagner kennengelernt, die mir nicht nur ihren wertvollen Blick auf den Text, sondern auch Hilfe bei der Veröffentlichung anbot.

Als Senta mich anrief, um mir die Antwort vom Otto Müller Verlag vorzulesen, war ich schon ziemlich schwanger. Nach der ersten Freude wurden Fragen laut: Wie reagiert der Verlag auf die Schwangerschaft? Habe ich genug Energie für das Lektorat? Will und kann ich mich in den ersten Monaten mit Kind um die Veröffentlichung kümmern? Ab wann kann ich Lesungen halten? Nach einigen Telefonaten mit Freund*innen wurde klar, dass der angebotene Erscheinungstermin für mich nicht machbar war.

Unerwartet jedoch: Der Veröffentlichungstermin wurde ohne Probleme angepasst, der Zeitraum für das Lektorat so verschoben, dass ich damit noch vor der Geburt anfangen konnte, ohne Abgabestress zu haben. Ich bin dem Verlag sehr dankbar und frage mich, ob es anders gewesen wäre, wenn nicht eine Frau, die selbst Mutter ist, ihn leiten würde.

Von außen waren die Bedingungen ideal und in den meisten Fällen hatte ich das Gefühl, dass die Schwangerschaft, die limitierte Energie, die ein bis zwei Stunden, in denen ich mich konzentrieren konnte, dem Prozess dienlich waren, denn ich konnte mich nicht in endlosen Überarbeitungsschleifen verlieren.

Trotzdem war da eine Stimme, die mir immer wieder große Zweifel einflüsterte: die Veröffentlichung hätte besser vor meiner Schwangerschaft stattfinden sollen. Ich sollte an mehr Abendveranstaltungen teilnehmen, netzwerken, denn wie viel Aufmerksamkeit kann ein Debütroman bekommen, wenn niemand die Autorin kennt? Ein Traum von tropfenden Brüsten während einer Lesung hielt mich eine Nacht lang wach.

Und obwohl ich meine Ängste ernstnehme, auch hier, während ich das schreibe, kommt das Wort zurück: Privileg. Während ich mir überlege, wie dieser Text enden soll, spaziert C mit dem Baby die Straße vor dem Wohnhaus auf und ab. Meine Mutter steht in der Küche und macht mir ein Müsli. Die ersten Lesungen sind fixiert. Freund*innen schreiben mir, sie können bei der Kinderbetreuung helfen, falls C und ich zeitgleich arbeiten müssen. Menschen schicken mir Nachrichten, dass sie mein Buch vorbestellt haben.

Ich schaue nochmal die Notizen in meinem Handy durch. Eine Liste von Aufgaben, was ich bis zur Veröffentlichung noch zu erledigen habe: Reels für Instagram machen, abpumpen und Fläschchen etablieren, Termine mit C koordinieren und bestätigen, Buch an Wegbegleiter*innen schicken, mehr posten, Lesestellen raussuchen, Antworten auf mögliche Interviewfragen vorbereiten, Autor*innen-Vereinigung beitreten, um Unterkünfte für Lesungen auswärts kümmern. Ich streiche einen Punkt durch: Blogeintrag.“



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